WENN TEILE FEHLEN

Vor einiger Zeit wurden wir vom Besitzer eines wunderschönen Altbaues mit einer interessanten Anfrage kontaktiert. Besagter Altbau wurde komplett saniert. Dabei wurde auch die Entlüftungen des Kellers mit neuen Rohren, und sauberem Abschluss, an die Außenseite des Hauses gelegt. Ursprünglich endeten diese etwa einem Meter über dem Boden, an drei Stellen der Frontseite des Hauses, in relativ großen unregelmäßigen Mauerlöchern.
Da einfache Löcher nicht sonderlich ansehnlich sind und daher nicht zur Fassade des Gebäudes passen wurden Luftungsausgänge wie diese ursprünglich mit verzierten gusseisernen Platten abgeschlossen. Von diesen Zierplatten war glücklicherweise noch eine einzelne, am Gebäude fest verbaut, erhalten. Die Platte besteht aus einzelnen Speichen die von einem profiliertem Rand zu einem floralen zentralen Motiv führen. Auf den einzelnen Speichen sind abstrahierte Frauenfiguren abgebildet die sich als Relief von der Oberfläche abheben.

Nun stand die Frage im Raum wie replizieren wir diese erhaltene Platte um die beiden frisch sanierten Abzüge passend zu verkleiden?

 

DATENAUFNAHME

Da die Platte nicht zum digitalisieren zu uns kommen konnte entschieden wir uns das Objekt vor Ort fotogrammetrisch aufzunehmen. Hauptgrund dafür war das sie fest am Gebäude verbaut ist und deshalb nicht bei uns zur Digitalisierung eingeliefert werden konnte, ohne Beschädigungen am Objekt zu riskieren.

Fotogrammetrische Modellerzeugung
Fotogrammetrische Modellerzeugung

Glücklicherweise bot sich das bedeckte Wetter, für einen schnellen vor Ort Termin an und wir konnten gute Quellbilder für die Objektrekonstruktion aufnehmen.

 

AUFBEREITUNG

Nach der Berechnung eines Meshes in der Fotogrammetriesoftware, musste das Modell noch stark modifiziert werde. Im ersten Arbeitsschritt wird dabei die Hülle mit einer Stärke versehen und von Polygonen ohne Masse, in Voxel umgewandelt.

Im Gegensatz zu Polygonmodellen besitzen Voxelobjekte nicht nur eine Hülle sondern auch eine Masse die beliebig verformt werden kann. Auch kleinere Fehlcluster im inneren des Modelles können so leicht entfernt werden, um spätere Hohlräume zu vermeiden oder gezielt anzulegen. Beim Umwandeln von Voxel- zu Polygonmodell ensteht immer ein Wasserdichtes Modell.

 

Danach wurde die Rückseite geschlossen, die Mauerteile entfernt sowie die Oberfläche geglättet. Gerade sculpting Programme eignen sich sehr gut für die subtile Anpassung fotogrammetrischer Modelle. Das Objekt verhält sich dabei als ob es aus Ton wäre und lässt sich mit einer breiten Auswahl an Werkzeugen zielgerichtet bearbeiten.

 

MANIPULATION GESCANNTER OBJEKTE

Die Original Zierplatte bedeckt ein sehr großes unregelmässig geformtes Loch in der Hauswand. Im Gegensatz dazu bestehen die sanierten Lüftungsauslässe aus kleineren runden Rohren mit genormtem Durchmesser. Damit sich die Platten später gleichmässig aufsetzen lassen und zentriert über dem Loch stehen ergänzten wir sie um Halterungen. Diese liegen nur unter den Speichen und entsprechen an ihrem Aussenradius dem Innenradius der Rohre. Von Außen sind diese später nicht zu sehen da sie nur unter den Speichen des Objektes liegen. Ebenfalls angepasst wurde die leicht ungleiche Höhe des Objektes die Wahrscheinlich beim ankleben an die Oberfläche entstanden.

MATERIALWAHL

Nachdem wir nun das fertige Modell druckbar gemacht hatten. Stellte sich die Frage nach dem Material für den Ausdruck.
Kunststoff (Pla/Filament) schied relativ früh aus da z.T. erhebliche Nachbearbeitung nötig ist bevor die Oberfläche von eventueller Treppchenbildung befreit ist. Ausdruck in Metallen, wie sie einige Anbieter mittlerweile anbieten schied aus Kostengründen aus.
Kurz erwogen wurde auch eine Kopie mittels CNC Fräse zu erstellen. Gefrästes Metall ist zwar besonders widerstandsfähig und haltbar, allerdings stellte sich auch dies als zu teuer heraus.

Wir entschieden uns dann final für einen Ausdruck in unserem Gipsdrucker. Es handelt sich dabei um einen ProJet 660 der sich auch für vollfarbige Ausdrucke eignet. Während des Druckes werden immer wieder feine Gipsschichten übereinandergelegt und im Bereich des zukünftigen Modelles mittels Binder verklebt. Jede dieser Schichten ist 0,1 mm Hoch wodurch sich extrem feine Strukturen drucken lassen.
Direkt nach dem Ausdruck ist das Modell noch sehr weich, da nur der Binder die einzelnen Modellschichten zusammenhält. jedoch lässt sich die Öberfläche leicht mit Schleifpapier nachbearbeiten um etwaige feine Treppchen zu entfernen. Das noch sehr empfindliche Objekt wurde im Anschluss mit einer größeren Menge Epoxydharz behandelt.

 

Dadurch gewinnt das Druckprodukt extrem an Festigkeit und kann mit einer Vielzahl verschiedener Farben und Lacke zusätzlich haltbar gemacht werden. In diesem Fall werden die Rohplatten noch mit einem farblich passenden Lack versehen um sie endgültig für den Aussenbereich tauglich zu machen und sie farblich an das Original anzupassen.

 

 

AUSBLICK

Mithilfe moderner Scan und Druckverfahren lassen sich leicht und kostengünstig komplexe Objekte an Gebäuden ersetzen. Vorstellbar sind vom einfachen Formstein bis hin zum ersezten fehlender Statuen extrem viele Szenarien. Durch die vielfältigen Möglichkeiten der Lackierung und Oberflächenbehandlung bis hin zur Galvanisierung, können diese Reperaturen fast unsichtbar gemacht werden, oder wenn benötigt deutlich sichtbar hervorgehoben werden. Im Umkehrschluss können natürlich auch Gussformen bestehender Objekte gedruckt werden mit denen sich größere Mengen von Objekten replizieren lassen.

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